Trotz hochsommerlicher Temperaturen fanden sich zahlreiche Teilnehmer_innen ein, um den Bezirk aus einer anderen Perspektive zu erkunden. Viele Hindernisse, auf die Menschen im Rollstuhl, mit Sehbehinderungen oder Eltern mit Kinderwagen im Alltag treffen, werden von den meisten schlichtweg nicht wahrgenommen. Daniele Marano, ein Vertreter der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs sowie Isabella Aigner vom Verein ÖZIV konnten uns nicht nur in der Theorie auf diese tagtäglichen Herausforderungen aufmerksam machen, sondern ermöglichten es der Gruppe mit mitgebrachten Rollstühlen, Blindenstäben und Blindenbrillen den Weg von der Friedensbrücke Richtung Altes AKH aus Sicht der Betroffenen zu erkunden.
Alleine die Steuerung eines Rollstuhles erfordert viel mehr Geschick und Gleichgewichtssinn als erwartet, bei der Überwindung von Bordsteinkanten sind wir oftmals auf die Unterstützung der begleitenden Personen angewiesen und eine Ampelüberquerung innerhalb der Grünphase ist schier unmöglich. Ungewohnt sind auch die Blicke, die man auf sich zieht.
In der Rolle einer Person mit Sehbehinderungen sind die Herausforderungen wieder ganz andere. Ohne die Strecke innerlich auswendig zu können, ist es uns schier unmöglich ohne Hilfe überhaupt weiterzukommen. Das Ohr und der Blindenstab werden plötzlich zu den wichtigsten Utensilien. Höre ich die Ampel? Wie weit ist es zur anderen Seite? Steht plötzlich ein unerwartetes Hindernis im Weg? Ein Blumenbeet unterbricht die Wegführung und lässt einen ratlos zurück- wo geht es weiter? Laut Daniele Marano sind auch die überall wild abgestellten Scooter ein extremes Hindernis und er fordert hier mehr Verantwortung der Unternehmen.
Wir kommen nur sehr langsam vorwärts, das ursprünglich geplante Ziel des Spaziergangs liegt nach den 1,5 Stunden noch in weiter Ferne. In gemütlicher Runde nutzen wir noch die Möglichkeit uns mit Frau Sonja Kraus von der MA28 auszutauschen- welche baulichen und rechtlichen Vorschriften gibt es hier? Was ist möglich? Auch hören wir die Forderung nach mehr Einbindung der einzelnen Vereine bei der Planung von neuen Projekten. Im Nachhinein ist vieles dann nämlich entweder nicht möglich oder mit zusätzlichen Kosten verbunden.
Von nun an werden wir alle genauer hinschauen was wir in den einzelnen Bezirken verbessern können. Denn auch wenn laut Herrn Marano die Stadt Wien europaweit sehr weit vorne liegt was Barrierefreiheit betrifft - nach oben ist immer noch Luft. Wir werden vor allem bei den Oberflächen-Neugestaltungen, die im Zuge des U-Bahn-Ausbaus auf uns zukommen genau hinschauen und verstärkt auf das Thema Inklusion hinweisen.