Die Wahl ist geschlagen, Verhandlungen wurden erfolgreich geführt. Gleichzeitig habe ich ein bisschen eine Katerstimmung. Nicht vom großen Feiern, denn wir haben statt Wahlpartys zu genießen noch bis Montagabend Wahlkarten ausgezählt (ein Dank hier an alle MagistratsmitarbeiterInnen, die teilweise Sonntag bis 3 Uhr nachts für einen reibungslosen Ablauf sorgten), sondern wegen folgender Punkte, die ausnahmsweise nichts mit Corona, aber mit einem sehr kritischen Blick auf unser Wahlsystem zu tun haben:
Ungültige Wahlstimmen
Wir hatten in Meidling 600, in ganz Wien fast 16.000 ungültige Wahlstimmen! Vor allem ungültig, weil die Kuverts hinten nicht unterschrieben waren. In Meidling haben sich also 600 politisch interessierte BürgerInnen die Mühe gemacht, eine Wahlkarte zu besorgen, auszufüllen, zurückzusenden, und ihre Stimmen gelten einfach nicht, weil die Unterschrift fehlt. Das ist mehr als ein Mandat im 12. Bezirk! Keiner kann eine Rückmeldung bekommen, so besteht die Gefahr, dass es bei der nächsten Wahl wieder passiert. Aus diesem Fehler muss man lernen und die Rückseite künftig so gestalten, dass niemand die Unterschrift vergisst. Positiv zu vermerken ist, dass eine Erklärung für EU-Bürger in deren Muttersprache beiliegt.
Parteien ohne Programm
Ich begrüße die Parteienvielfalt und es könnten ruhig noch mehr kleine Parteien den Einzug schaffen, um die Anliegen der BürgerInnen in den Entscheidungsgremien abzubilden. Was ich nicht verstehe ist, dass WählerInnen bereit sind, die nächsten fünf Jahre geringfügiges Einkommen, welches die BezirksrätInnen erhalten, an MandatarInnen von Parteien zu bezahlen, die keinerlei politisches Programm haben. So sehr die BezirksrätInnen auch menschlich sehr nett sein mögen (bisher hatten Sie leider noch keine Lust uns kennenzulernen), hier geht mehr als eine halbe Million Euro in Form von Gehälter an Personen, die bisher keinen einzigen Satz geäußert haben, wie sie das Leben in Bezirken oder in Wien ernsthaft verbessern wollen. Also falls wir uns mal wieder beklagen, dass wir zu viel Steuer zahlen, so kommt auch einiges an nicht notwendigen Ausgaben zusammen...
Ein Wunsch
Die Sichtbar-Machung von Nicht-WählerInnen. Es sollte nicht nur am Wahlabend kurz erwähnt werden, wie viele Menschen ihr Wahlrecht nicht genutzt haben. Es sollte immer angezeigt werden, wie viele Stimmen/Mandate durch Nicht-WählerInnen verloren gingen, damit auch spürbar wird, dass die "Mehrheit" sich nur aus einem doch recht niedrigen Anteil der Bevölkerung zusammensetzt.
Einen Kater kann man angeblich gut durch Bewegung behandeln. Also auf, weiterkämpfen. Und ganz sicher werde ich nicht das bewährte Rezept anwenden: Mit der Zeit vergeht auch das Kopfweh wieder…
Ich freue mich schon auf ein Wiedersehen, wenn es auch wohl die nächsten Wochen noch digital sein wird!