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Werden die Meidlinger*innen gepflanzt?

Das Pflegeheim „Haus Schönbrunn“ in der Schönbrunner Straße wird saniert und vergrößert. Im Zuge der Baumaßnahmen wurden 22 Bäume gefällt. Da die Durchführung der Ersatzpflanzung im Ausmaß von ca. 90 Bäumen durch die Caritas nicht möglich ist, wird eine Ausgleichsabgabe gezahlt.

Großer Unmut

Die Baumaßnahmen und Baumfällungen haben zu großen Unmut der Anrainer*innen geführt. Zahlreiche Meidlinger*innen forderten zumindest die Durchführung der Ersatzpflanzungen auf öffentlichem Grund. Jedoch vertritt der Bezirk seit Jahren den Standpunkt, dass die Durchführung der Ersatzpflanzungen seitens des Bezirks rechtlich und finanziell nicht möglich ist.

Als Jurist habe ich mir das Baumschutzgesetz ausführlich angeschaut und ich war erstaunt, dass die Gesetzesbestimmungen ganz was anderes sagten als der Bezirk seit Jahren kommunizierte. 

Nachfolgend werde ich daher ausführlich auf das Baumschutzgesetz eingehen. Es ist wichtig, dass nicht nur die Verantwortungsträger*innen in der Politik und Verwaltung, sondern auch die Bürger*innen über diese Thematik aufgeklärt werden.

Das Wiener Baumschutzgesetz

Das Baumschutzgesetz ist seit 1974 in Kraft und wurde bis 2018 zehn Mal novelliert. Der Zweck des Baumschutzgesetzes ist die Erhaltung des Baumbestandes im Gebiet der Stadt Wien. In seinen 19 Paragraphen regelt es die Erhaltungspflicht, die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Baumfällung, die Ersatzpflanzung und die Ausgleichsabgabe und die Strafbestimmungen bei Verletzungen dieser Rechtsnormen.

Wer ist für die Vollziehung des Baumschutzgesetz zuständig?

Für die Vollziehung des Baumschutzgesetzes ist der Magistrat der Stadt Wien zuständig.

Gemäß § 15 Wiener Baumschutzgesetz hat der Bezirksvorsteher in einem Baumfällungsverfahren nach § 4 Baumschutzgesetz das Recht eine Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen abzugeben. Diese Stellungnahme des Bezirksvorstehers ist für den Magistrat rechtlich nicht bindend, dennoch hat ein Bezirksvorsteher politische Möglichkeiten auf ein Baumfällungsverfahren einzuwirken, wenn dieser der Meinung ist, dass eine Baumfällung nicht gerechtfertigt ist.

Gemäß § 103j Zif.4 Wiener Stadtverfassung obliegt es den Umweltauschüssen, Vorschläge für die Standorte der Ersatzpflanzungen nach dem Wiener Baumschutzgesetz auf öffentlichem Grund zu machen. Die Bezirksvertretung ist daher in der Durchführung der Ersatzpflanzung durch den Magistrat einzubinden.

Wer ist für die Ersatzpflanzungen verantwortlich?

Gemäß § 6 Abs 1 ist eine Ersatzpflanzung durchzuführen, wenn die Entfernung eines Baumes bewilligt wird. Gemäß § 6 Abs 2 ist pro angefangenen 15 cm Stammumfang des zu entfernenden Baumes, ein Ersatzbaum mittlerer Baumschulqualität (8 bis 15 cm Stammumfang ) zu pflanzen.

Die Ersatzpflanzung ist gemäß § 6 Abs 3 auf derselben Grundfläche oder auf fremden Grund in einem Umkreis von höchstens 300m vom Standort des zu entfernenden Baumes vorzunehmen.

Wenn der Bewilligungsträger die Ersatzpflanzung nicht vornehmen kann, so hat der Magistrat gemäß § 6 Abs 6 die Ersatzpflanzung durchzuführen. Hierbei hat der Magistrat in erster Linie auf öffentlichem Grund oder sonst im Eigentum einer Gebietskörperschaft im Umkreis von 300 m; wenn dies nicht möglich, im selben Bezirk möglichst im verbauten Gebiet; die Ersatzpflanzungen vorzunehmen.

In derselben Gesetzesstelle ist weiters angeführt:

"Zur Deckung der der Stadt Wien aus diesen Ersatzpflanzungen erwachsenden Kosten wird eine Ausgleichsabgabe (§ 9) erhoben."

 Wie hoch ist die Ausgleichsabgabe?

Gemäß § 9 Abs 1 hat der Bewilligungsträger eine Ausgleichsabgabe zu entrichten, wenn dieser die Ersatzpflanzungen gemäß § 6 Abs 5 nicht vornehmen kann. 

Nach § 9 Abs 3 ergibt sich die Ausgleichsabgabe als Produkt des Einheitssatzes in Höhe von EUR 1.090,-- und jener Zahl der Bäume, die nach der bescheidmäßigen Feststellungen nicht durchgeführt werden können.

Die Ausgleichsabgaben fließen in einen zentralen Topf der Stadt Wien und sind für die Ersatzpflanzungen nach § 6 Abs 6 und § 9 Abs 2 zweckgebunden.

Ist der Einheitssatz für die Ausgleichsabgabe noch zeitgemäß?

Mit erstmaliger Rechtskraft des Gesetzes im Jahre 1974 betrug der Einheitssatz für die Ausgleichsabgabe 8.000 Schilling. Im Jahre 1998 wurde der Einheitssatz auf 15.000 Schilling erhöht. Mit der Einführung des Euros in Österreich wurde im Jahre 2001 der Betrag von 15.000 Schilling durch EUR 1.090 ersetzt.  Seit 1998, also seit 24 Jahren, fand keine Indexanpassung mehr statt.

Laut Indexrechner der Statistik Austria hat sich der Verbraucherpreisindex 2000 von Jänner 2001 bis Juli 2022 um 60,7 % verändert. Ausgehend von einem Betrag in der Höhe von EUR 1.090 von Jänner 2001 beträgt dieser im Juli 2022 EUR 1.751,63.

Demzufolge sind Baumfällungen heutzutage wesentlich günstiger als vor 24 Jahren und das hat maßgebliche Folgen. 

Baumfällungen haben sich seit 1998 vervierfacht!

Die Einnahmen durch die Ausgleichsabgaben sind in den Rechnungsabschlüssen der Stadt Wien ersichtlich.[1] Die Rechnungsabschlüsse beinhalten die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben eines Jahres und stellen diese den im Voranschlag geplanten Einnahmen und Ausgaben gegenüber.

Wenn man sich die Entwicklung der Einnahmen anschaut, haben sich die Einnahmen durch die Ausgleichsabgaben von 1998 bis 2021 mehr als vervierfacht. Die Ausgleichsabgabe ist vom Stammumfang eines gefällten Baumes  abhängig. Dennoch deutet diese Entwicklung  auf eine signifikante Zunahme von Baumfällungen in Wien hin.

Diese Schlussfolgerung deckt sich mit der zunehmenden Versiegelungsproblematik in Wien. Demnach ist die Versiegelung von 1997 auf 2018 von 8.180 ha auf 11.733 ha und damit um 3.553 ha bzw. 43,44 % angestiegen.[1][2] Zur Veranschaulichung bedeutet dies, dass von 1997-2018 in Wien Flächen von insgesamt 3.553 Fußballfelder versiegelt wurden.

Conclusio

Ein Baum zu fällen ist im Jahr 2022 in Wien kostengünstiger als vor 24 Jahren. Die Einnahmen durch die Ausgleichsabgaben im Jahr 2021 haben sich zu 1998 mehr als vervierfacht.

Angesichts der heutigen Klimakrise hätte der Einheitssatz wesentlich erhöht werden müssen, um die stetige Zunahme von Baumfällungen zu unterbinden.

Jungbäume, die dort gepflanzt werden, wo ohnehin schon Grünstrukturen vorhanden sind, fehlen in verbauten Gebieten, wo diese Bäume dringend benötigt werden. Mit jedem verbauten Quadratmeter verlieren wir noch mehr wichtige Bodenfunktionen.

Der hohe Bodenverbrauch, die veraltete Rechtslage und die nicht ordnungsgemäße Vollziehung der Gesetze verschärfen die Klimakrise und das Artensterben; und das auf Kosten unserer Zukunft.

Wir, NEOS, werden in Meidling und in Wien diese Sache aufklären und sicherstellen, dass das Baumschutzgesetz ordnungsgemäß durchgeführt wird. Jeder Baum, der gefällt wird, ist in Zeiten der Klimakrise ein großer Verlust für uns alle.

Auch die Bezirkszeitung hat darüber berichtet.

Foto: © Joe auf Pixabay

[1] https://www.wien.gv.at/finanzen/budget/rechnungsabschluss.html (aufgerufen am 28.8.2022)

[2] Grünraummonitoring Wien, MA 22, Dezember 2008

[3]https://www.oerok-atlas.at/oerok/files/summaries/61.pdf, S 7 (aufgerufen am 28.8.2022)

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