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Zu langsam - zu zögerlich

Die Prozesse zur Kontextualisierung und neuen Einordnung der Lueger-Relikte in den Bezirken sind zu schwerfällig. Nun wurde die Lueger-Tafel am Siebenbrunnen mit Farbe beschüttet. Politische Propaganda-Relikte wie diese sollten rasch kontextualisiert werden, so wie von NEOS Margareten seit Jahren gefordert.

Lueger - mit Hetze zum Wahlerfolg

Jetzt ist es passiert. Der Siebenbrunnen wurde Ende September mit roter Farbe überschüttet. Ziel war das Portrait von Karl Lueger.

Der christlich-soziale Wiener Bürgermeister der Jahrhundertwende war in den vergangenen Jahren immer wieder Mittelpunkt von Debatten über die zeitgemäße Form von Gedenkkultur. Sein Denkmal am Ring wird seit Jahren mit Farbe beschüttet, mit dem Ziel, das Denkmal aus dem öffentlichen Raum zu verbannen.

Lueger baute seine kommunalen Wahlerfolge ab 1887 auf eine gezielte Strategie der antisemitischen Hetze auf. Als Bürgermeister von 1897 – 1910 gilt er jedoch auch als erfolgreicher Stadterneuerer und Initiator wichtiger Infrastruktur-Projekte der wachsenden Stadt Wien um 1900. Die Marmortafel mit Luegers Konterfei am Siebenbrunnen in Margareten verdankt sich Luegers politischer Strategie der massentauglichen Selbstvermarktung. Er kreierte einen bisher ungekannten Personenkult rund um seine Person. Anlässlich seines 60. Geburtstags lies er sich 1904 auch am Siebenbrunnen verewigen.

Bereits am 24.10.1904, am Tag der Anbringung der Lueger-Tafel, kam es am Siebenbrunnenplatz zu Ausschreitungen zwischen Gewerkschaftern und den christlich-sozialen Abordnungen Luegers. Der Tag markierte einen Wendepunkt in der österreichischen Parteigeschichte. In den richtigen Rahmen gesetzt, könnte dieses kleine Relikt sehr viel über politische Geschichte und Propaganda erzählen und wozu Hetze, Stimmungsmache und Polemisierung einer aufgeheizten Öffentlichkeit führen können.

Jahrelange Verzögerung der Kontextualisierung

Wir NEOS setzen uns bereits seit Jahren für eine historisch-kritische Kontextualisierung der Lueger-Tafel ein, auch unter Zuhilfenahme künstlerischer Mittel. Wir haben im September 2021 einen einstimmigen Beschluss aller Bezirksfraktionen erreicht, die Lueger-Tafel historisch künstlerisch zu kontextualisieren.

Der für Brunnen zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky signalisierte 2021 in seiner ersten Antwort an den Bezirk, dass sich die Stadt Wien grundsätzlich zur künstlerischen Kontextualisierung von Lueger-Relikten in den Bezirken bekenne. Die Vorgangsweise hänge aber von den Entscheidungen rund um das große Lueger-Denkmal am Ring ab.

Damit wurde das Thema auf die lange Bank geschoben. Die Kulturkommission erfuhr vorerst nur, dass ein Gutachten beim Denkmalamt in Auftrag gegeben wurde. Dann passierte über zwei Jahre nichts.

Historische Verantwortung des Bezirks Margareten

Bewegung kam erst wieder in die Sache, als wir NEOS im Dezember 2023 eine Anfrage über den Stand des Projekts an die Bezirksvorsteherin stellten. Die Vorgangsweise im Falle von Luegers Ringdenkmal war bereits im Frühjahr 2023 bekannt gemacht worden. Die Monumentalstatue solle leicht gekippt, jedoch renoviert werden.

Aufgrund der NEOS Anfrage wurden nun in der Kulturkommission endlich einige Auszüge aus dem Bericht des Denkmalamts verlesen. Der Antrag wurde jedoch weiter vertagt, denn der Vorschlag von Seite der SPÖ, eine reine Neubeschriftung des Brunnens durchzuführen, entspricht in unseren Augen nicht dem Ziel des beschlossenen Antrags vom Jahr 2021. Im Juni dieses Jahres hat Bezirksrätin Johanna Adlaoui Mayerl das Gespräch mit den stimmberechtigten Fraktionen in der Kulturkommission gesucht, um zu sondieren, was die Vorstellungen hinsichtlich einer Kontextualisierung und deren Umsetzung sind.

Karl Lueger war Abgeordneter des Bezirks Margareten im Reichsrat. Nach seiner strategischen Entscheidung, den Ende des 19. Jahrhunderts grassierenden Antisemitismus politisch zu benutzen, hat er im Juni 1887 seine erste klar antisemitische Hetzrede in Margareten gehalten. Auch heute gibt es wieder politisch instrumentalisierten Antisemitismus und Rassenhetze. Der Bezirk Margareten hat daher eine besondere Verantwortung gegenüber seinem historischen Erbe. Eine durchdachte künstlerisch-historische Kontextualisierung des Margaretner Lueger-Relikts am Siebenbrunnen könnte viel zur politischen Bildung und Aufklärung junger Menschen beitragen.

Am 24.10.2024 jährt sich der 120. Jahrestag der Anbringung der Tafel. Zeit hier gemeinsam ins Tun zu kommen und dieser Form der marmornen Gedenkkultur ins 21. Jahrhundert zu holen.

Nun haben Unbekannte Fakten geschaffen und das Denkmal und den Brunnen stark beschädigt. Wir fordern einen offenen Prozess, um die Zukunft der Lueger-Tafel zu diskutieren und das Thema rasch umzusetzen.

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