Seit 2. Dezember vertreten Christian Grimmer und ich, Johannes Bachleitner, NEOS in der Bezirksvertretung Hietzing. Nach einem sehr netten Empfang durch alle Fraktionen (uns wurden alle Informationen bereitwillig und transparent zur Verfügung gestellt), waren wir sehr gespannt auf unsere erste reguläre Sitzung am 16. Dezember. Eines war schnell klar: Eine neue Partei bedeutet frischen Wind und so kam es zu vielen intensiven Diskussionen. Hat man uns als kleinste und neue Fraktion anfangs noch belächelt, sind wir nun auf Augenhöhe mit allen anderen angekommen.
Vorweg ein paar erklärende Worte. Wie funktioniert denn eine Bezirksvertretungssitzung überhaupt? In der Bezirksvertretung Hietzing gibt es 40 Sitze. Pro Jahr finden mindestens vier Bezirksvertretungssitzungen statt. Anträge werden mit einfacher Mehrheit beschlossen. Zwei Wochen vor der Sitzung gibt es eine Präsidiale, wo die Klubvorsitzenden die Tagesordnung beschließen. Anträge können noch bis drei Tage vor der Sitzung eingebracht werden. Dies gibt allen Parteien die Möglichkeit, sich mit den Anträgen auseinanderzusetzen. Am Tag der Sitzung treffen sich die Klubvorsitzenden zu einer informellen Vorbesprechung. Dort werden alle Anträge durchbesprochen. Jede_r gewinnt einen Eindruck wie abgestimmt werden wird und man kann bereits mögliche Änderungen diskutieren. Das klingt dann zum Beispiel so: „Streicht den 3. Satz im Antrag, dann stimmen wir wahrscheinlich zu“. Ist jemand von dem Antrag einer anderen Fraktion besonders überzeugt, kann er/sie sich auch „dazuschreiben lassen“, der entsprechende Antrag wird dann gemeinsam eingebracht. Am Anfang wirkt das alles etwas seltsam, es hat sich aber als sehr produktiv erwiesen. Klubzwang gibt es formal nicht, real handhabt es jede Partei anders. Die Grünen und wir NEOS sind wohl die einzigen, wo jede_r Mandatar_in frei entscheidet, wie er oder sie abstimmt, bei den anderen ist es scheinbar (je nach Thema) unterschiedlich streng.
Für die Anträge gibt es viel Freiheit. Es gibt Themen, für die der Bezirk unmittelbare Kompetenz hat und klare Forderungen stellen darf. Es ist aber auch zulässig, sich in Bereiche außerhalb des Bezirks „einzumischen“, solange der Bezirksbezug klar ist und keine direkten Handlungsanweisungen an andere Stellen abgegeben werden. Anträge sind stets Willensbekundungen, das heißt, dass sie von den zuständigen Stellen der Stadt Wien (Magistratsabteilungen, Stadträte) überprüft werden müssen, dann aber auch aus finanziellen, technischen, administrativen oder anderen Gründen abgelehnt werden können, obwohl sie beschlossen wurden.
Rechtliche Grundlagen sind die Stadtverfassung der Stadt Wien (StVW) und die Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen, die Links sind unten angeführt.
Nach der Vorbesprechung treffen sich die Klubs nochmal unter sich und dann erscheinen alle in der Sitzung.
Wir sind mit drei Anträgen angetreten, zwei Resolutionsanträge, ein einfacher Antrag. Alle drei Anträge sind auch auf unserer Homepage samt Begründung verfügbar. Die beiden Resolutionsanträge sollten klar signalisieren, dass wir uns als Bezirk gegen die erneute Verschuldung der Stadt Wien aussprechen. Allen Bezirksvertretungen muss klar sein: Das Geld, das heute verschleudert wird, wird morgen in den Bezirksbudgets eingespart werden. Leider muss man hier immer noch deutlich machen, dass die junge Generation am meisten leiden wird. Während Häupl die Pensionsprivilegien der Wiener Gemeindebeamten bis 2042 verlängert, wird aus meiner Generation niemand mehr von seiner Pension leben können. Zusätzlich gönnen sich alle Parteien außer NEOS nun auch noch eine Landesparteiakademieförderung. Die Rechtfertigung passiert unverschämt oberflächlich. Man bedenke: Die Wiener Parteienförderung ist mit € 22 pro Wahlberechtigtem bereits am verfassungsmäßigen Maximum, daher brauchts jetzt also den Schmäh „Parteiakademieförderung“. Wir NEOS verzichten selbstverständlich auf die uns daraus zustehenden rund € 160.000,-, welche somit nicht auf Pump ausgeschüttet werden.
Zurück nach Hietzing: Leider wurde Resolutionsantrag N°2 (20. S-964950/15) nicht zugelassen. Dieser lautete:
Die Bezirksvertretung Hietzing ersucht die Bezirksvorsteherin, in ihrem Wirkungsbereich des
· 103h Abs. 1 Z 6 WStV (Mitwirkung bei Maßnahmen zur Überwachung des von der Gemeinde verwalteten Vermögens) an der Erreichung des Ziels eines über den Konjunkturzyklus ausgeglichenes Budget der Stadt Wien mitzuwirken.
Als uns dies ohne weiteren Kommentar mitgeteilt wurde, waren wir erst enttäuscht. Nicht einmal die Mühe einer Begründung hat man sich gemacht. Allerdings war man im persönlichen Gespräch dann offen und hat bereitwillig mit uns über die Auslegung der Stadtverfassung diskutiert.
Umso mehr hat es uns dann gefreut, dass ÖVP und FPÖ in der Vorbesprechung schon Unterstützung für unser Anliegen (19. S-964932/15) geäußert haben. Eine Änderung des Antrages haben wir gerne umgesetzt, dieser wurde dann mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und NEOS angenommen. Ein erster Erfolg für uns. Der Antragstext in der angenommenen Form:
Die Bezirksvertretung Hietzing spricht sich für eine verantwortungsvolle Finanzgebarung aus. Das Budget der Stadt Wien, und in Folge auch die Budgets der Bezirke, soll über den Konjunkturzyklus ausgeglichen geführt werden.
Unser einfacher Antrag (21. S-964967/15) hatte einen stärkeren Bezug zu aktuellen Herausforderungen im Bezirk:
Die zuständigen Stellen der Gemeinde Wien werden ersucht, die Unterrichtsqualität an Hietzinger Schulen durch Entsendung von Stützlehrkräften im Regelunterricht sicherzustellen.
Nachdem Christian und ich bereits den wichtigen Antrag der Grünen miteingebracht haben, dass die Flüchtlinge, welche im GZW untergebracht sind, in die Grundversorgung aufgenommen werden müssen (leider durch ÖVP, FPÖ abgelehnt), ist unser Antrag vorausschauend auf eine weitere Herausforderung in der Flüchtlingsbetreuung gerichtet.
Junge Flüchtlinge dürfen, so sie in die Grundversorgung aufgenommen worden sind, die Schule besuchen. Dieser wichtige integrative Schritt passiert allerdings derzeit etwas holprig. Die Zahl der Lehrer_innen und die finanziellen Mittel für die Schulen werden zu Beginn des Schuljahres geplant und vergeben. Verändert sich später die Schüler_innenzahl, sind keine Anpassungen vorgesehen. Sitzen aber in einer Klasse nun ab Dezember mehrere Schüler, welche kein Wort Deutsch können, verändert sich der Unterricht deutlich. Die Kinder und Jugendlichen bekommen lediglich über das Programm „Neu in Wien“ an den Nachmittagen zusätzliche Deutschstunden und das auch erst dann, wenn mindestens 10 Schüler_innen aus der Grundversorgung an der Schule sind. Dass die Qualität des Regelunterrichtes leidet, solange die Schüler_innen aus den Flüchtlingsunterkünften noch kein adäquates Deutsch können, wird dabei außer Acht gelassen. Wir Hietzinger NEOS fordern aber, dass die Qualität des Schulunterrichts nicht leiden darf! Unser Lösungsvorschlag ist einfach: Mehr Lehrkräfte im Regelunterricht ermöglichen eine bessere individuelle Betreuung aller Schüler_innen. Diese Maßnahme wäre geeignet, die beschriebene Herausforderung zu puffern.
Die bestmögliche Förderung aller Kinder ist Kernanliegen von NEOS, was wir mit diesem Antrag klar zum Ausdruck bringen.
Der Antrag denkt auch weiter: Erfreulicherweise sind die Hietzingerinnen und Hietzinger sehr engagiert, wenn es darum geht zu helfen. Dafür gebührt allen engagierten Helfern großer Dank! Wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist und versuchen sowohl als NEOS, als auch als Privatpersonen intensiv zu unterstützen! Genau deswegen haben wir in der Debatte zu dem Antrag betont, dass wir immer auch ein Auge auf die Hietzinger Bevölkerung haben müssen: In dem Moment wo in essentiellen Lebensbereichen Verschlechterungen eintreten die der Flüchtlingssituation zugeschrieben werden, gibt es Missmut. Sinkt die Qualität des Schulunterrichtes für die eigenen Kinder, wird es auch mit der Hilfsbereitschaft schlechter aussehen. Solche Risiken werden in der österreichischen Asylpolitik leider selten mitgedacht, für Hietzing haben wir mit diesem Antrag einen wichtigen Schritt gesetzt, der in ganz Österreich wichtig wäre.
Nach eifriger Debatte wurde der Antrag mit nur 3 Gegenstimmen angenommen!
Wir haben auch Anträge der anderen Parteien namentlich unterstützt.
Antrag 2 der Sitzung (S-945885/15) war wichtig um die Einhaltung mündlicher Zusagen durch pro mente abzusichern. Ich habe ihn daher miteingebracht.
Nachdem am Tag der Sitzung auch ein Treffen von Pro Mente mit den Vertretern des Bezirkes und der Bürgerinitiative Rettet den Hörndlwald stattgefunden hat, wurde von allen Parteien außer der SPÖ ein Antrag auf Baustopp beschlossen (27. S-977003/15). Als Antragsteller treten die jeweiligen Klubvorsitzenden auf, für uns also Christian Grimmer. Aufgrund einiger ungeklärter Fragen ein wichtiger Schritt.
Von der ÖVP kam ein besonders unterstützenswerter Antrag (6. S-962318/15): Harald Mader hat darauf hingewiesen, dass auf der Kennedybrücke beim Fußgängerübergang neben den Busstationen hohes Gefahrenpotential besteht. Speziell abends, wenn die Ampel abgeschaltet wird, laufen hier oft junge Hietzinger_innen über den Zebrastreifen, ohne auf kommende Autos zu achten, genauso wie viele Autofahrer den Zebrastreifen bei abgeschalteter Ampel nicht als solchen wahrnehmen. Besonders erschwert wird die Situation durch die blickdichten Glasscheiben der Bushaltestelle. Daher sollen die vordersten Scheiben durch transparente, ungetönte ersetzt werden. Ein wertvoller Beitrag zur Sicherheit unseres Bezirkes, den ich gerne mit eingebracht habe! Der Antrag wurde der zuständigen Kommission zugewiesen.
Am positivsten von der SPÖ aufgefallen ist mir Antrag 8 (S-964083/15): Defibrillator-Stationen fehlen uns in Hietzing noch gänzlich, während in den Innenbezirken immer mehr davon aufgestellt werden. Als Sanitäter weiß ich wie wichtig Defibrillatoren sind, um bei einem Kreislaufstillstand Leben retten zu können. In der Debatte zum Antrag wurde aber auch klar: Nicht jede_r weiß, was ein Defibrillator überhaupt ist oder wie man im Ernstfall Erste Hilfe leistet. Kommen die Defibrillatorstationen, werden wir genau darauf achten, dass auch klar kommuniziert wird, wann und wie ein Defibrillator zu verwenden ist.
Diesen Antrag habe ich mit eingebracht, er wurde zum Allparteienantrag und einstimmig angenommen.
Das gesamte Abstimmungsverhalten ist im Sitzungsprotokoll ersichtlich, dieses ist wie die Antragsübersicht online abrufbar (Link unten).
Neben den Bezirksvertretungssitzungen gibt es in Hietzing folgende Ausschüsse und Kommissionen:
· Finanzauschuss: tagt 11 mal/ Jahr
· Bauauschuss: tagt 11 mal / Jahr
· Kommission für Mobilität, Planung und Wirtschaft: tagt mindestens 5 mal/ Jahr
· Umweltausschuss: tagt nach Bedarf
· Kommission für Bildung, Kultur und Sport: tagt nach Bedarf
· Kommission für Kleingarten: tagt nach Bedarf
Das Fazit nach der ersten Sitzung ist ein sehr positives: Wir können uns auch mit zwei Mandaten Gehör verschaffen. Anträge werden nur dann unsachlich diskutiert, wenn eine Bezirkspartei in Konflikt mit ihrer Landespartei geraten könnte, was naturgemäß eher bei Rot und Grün passieren kann, da sie die Stadtregierung bilden. Ansonsten wird ehrlich und inhaltsorientiert diskutiert. Es gibt Verständnis für Fehler und es wird aktiv nach Konsens gesucht. Das gute Hietzinger Klima in der Bezirksvertretung wird oft gelobt, aber auch überwiegend gelebt.
Abschließend möchte ich noch etwas betonen. Bezirksarbeit funktioniert nur über den engen Draht zur Bevölkerung. Wenn Sie als Leser_in Anliegen haben, die auf Bezirksebene behandelt werden sollen, dann kontaktieren Sie doch einfach Christian Grimmer (christian.grimmer@neos.eu – 0660 402 39 73) oder mich (johannes.bachleitner@neos.eu – 0664 750 19698) und lassen es uns wissen. Wir prüfen diese gerne und bringen sie als Antrag ein!
Ich freue mich schon sehr auf die nächsten Sitzungen und auf die fünf Jahre, die mich in der Bezirksvertretung erwarten – Wir NEOS können da richtig was bewegen!
Wertvolle Links:
Unsere Anträge mit der offiziellen Begründung:
https://wien.neos.eu/bezirk/hietzing/#downloads
Antragsübersichten & Sitzungsprotokolle:
https://www.wien.gv.at/bezirke/hietzing/politik/sitzungen/
Stadtverfassung der Stadt Wien (StVW):
https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrW&Gesetzesnummer=20000308&FassungVom=2016-01-05
Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen:
https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Gemeinderecht&Titel=&Bundesland=Wien&Gemeinde=&GZ=&Datum=&IndexTyp=Undefined&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=v001%2F120&Position=1