Das Konzept des Superblocks entstand in den 1990er-Jahren in Spanien, genauer gesagt in Barcelona. Das Verkehrsaufkommen sowie die Lärmbelästigung waren damals enorm und genau dafür wurde eine Lösung gesucht. 1993 entstand ein erstes Pilotprojekt mit ausgeklügeltem Einbahnstraßen-System, das den Autoverkehr auf wenige Straßen reduzieren sollte. Parkplätze sollten nur noch für Bewohnerinnen und Bewohner des besagten Stadtteils zur Verfügung stehen. Ziel war es das Viertel verkehrsberuhigter, grüner, kühler und grundsätzlich attraktiver für die Anrainer:innen zu gestalten. Neben dem Verkehr sollten in weiterer Folge auch soziale Einrichtungen, zum Beispiel für die medizinische Versorgung, in diesen Superblocks sichergestellt werden.
Und das Ergebnis? Studien, die die Effekte des Superblocks untersucht haben, zeigen absolut positive Ergebnisse (LINK: https://orf.at/stories/3136899/): bessere Luft, kühlere Sommer, mehr Lebensqualität – die Menschen leben gesünder, gehen mehr zu Fuß oder fahren mit dem Rad. Die lokalen Geschäfte und Lokale wurden wiederbelebt und profitieren von der neuen Situation.
Superblocks in Wien?
Das Thema Superblock - adaptiert für Wien in Supergrätzel - ist schon seit einigen Jahren in Wien angekommen.
„Supergrätzel sind ein wichtiges Thema zur Erreichung der Klimaziele. Neben Sanierungen und Anpassungsmaßnahmen müssen vor allem der öffentliche Raum attraktiviert, die Aufenthaltsqualität gesteigert und die Hitzeinseln in der Stadt reduziert werden“, sagte Selma Arapovic zu Beginn unserer Info-Veranstaltung im Oktober 2021.
Den Beginn machte der 2. Bezirk. Die Umsetzung eines solchen Supergrätzels hätte im Volkertviertel im Sommer 2021 beginnen sollen. Jedoch wurde das Projekt nach dem Wechsel der Bezirksvorstehung von "grün" auf "rot" vorerst (?) auf Eis gelegt. Die im Rahmen dieses Pilotprojekts entstandene Machbarkeitsstudie zum Superblock-Konzept wurde bis dato leider nicht veröffentlicht.
Die Modellregion im 2. Bezirk wurde also nicht verwirklicht, jedoch ist der zweite Versuch in Favoriten nun bereits in der Pilotphase. Das Projektgebiet liegt im Bereich Gudrunstraße, Leebgasse, Quellenstraße und Neilreichgasse. (https://www.wien.gv.at/verkehr-stadtentwicklung/supergraetzl-favoriten.html)
In der Supergrätzel-Pilotphase werden der Durchzugsverkehr beruhigt und neue Freiräume im Grätzel eröffnet. Erste vorübergehende Maßnahmen ermöglichen es, verschiedene Nutzungen im Straßenraum auszuprobieren und die langfristigen Potenziale für das Supergrätzel zu erkennen.
Buttom up oder Top down? Supergrätzel-Initiativen in Wien
Wie lassen sich Supergrätzel nun konkret umsetzen?
Im 9. Bezirk identifiziert die Agendagruppe – das „Super Lichtenthal“ 3 Kernthemen für ein Supergrätzel:
1. Die Umsetzung einer klimafitten Stadt
2. Die Zurückeroberung des öffentlichen Raums durch Begegnungs- und Begrünungszonen für alle Generationen
3. Die Partizipation aller Bürger:innen
Und genau daran arbeiten sie mit einer Gruppe engagierter Bürger:innen intensiv. Hier wurde statt Top down also der Buttom-up-Zugang gewählt.
Im 12. Bezirk wurde das Supergrätzel während des ersten Lockdowns, eher aus Zufall, geboren. Sigrid Mayer und ihr Mann Helmut Telefont schauten statt Netflix lieber aus dem Fenster und haben gemeinsam „Mei Meidling“ ins Leben gerufen.
In teilweise nächtlichen Aktionen haben sie ihr Viertel vermessen und Daten gesammelt - und dann mit der Visualisierung begonnen. Die ersten Ergebnisse ihrer Arbeit zeigten sie Freunden. Die Resonanz war so überwältigend, dass sie ihre Ideen im Rahmen der Design Week 2020 vorstellten. Die bisher erreichten Meilensteine können sich wahrlich sehen, hören und lesen lassen. Wer sich in Wien mit dem Thema Supergrätzel beschäftigt, kommt an dieser Initiative definitiv nicht vorbei.
Und was tut sich in der Josefstadt?
In der Josefstadt können wir auf eine großartige Vorarbeit der Agendagruppe Radfahren zurückgreifen, die mit ihrem Konzept 2019/2020 bereits den Klimaschutzpreis der Josefstadt gewonnen hat. In der Josefstadt gibt es ein Spinnennetz an Durchzugsstraßen. Die grundsätzliche Überlegung der Radgruppe, unter anderem sind hier Markus Edelmann und Ulrich Leth zu nennen, war es, die Josefstadt davon zu befreien und "geschützte Grätzel" zu etablieren. Hierfür wurden drei mögliche Bereiche herausgehoben.
Das Ziel dieser geschützten Grätzel? Die Lebensqualität der Bewohner:innen erhöhen!
1. Durchzugsverkehr verhindern
2. Flächen für Begrünung gewinnen
3. Aufenthaltsflächenveränderung und Nutzungsänderung des öffentlichen Raums erwirken
Die daraus entstehenden, natürlich gewünschten Folgen:
1. Verkehrsberuhigung und dadurch mehr Verkehrssicherheit
2. Mehr Menschen auf der Straße, die den öffentlichen Raum gemeinsam nutzen
3. Mehr Frequenz für Lokale und Geschäfte vor Ort, also die „Steigerung der Geldbörseldichte“ (Prof. Knoflacher)
Natürlich wollen wir dies nun für die Josefstadt umsetzen und im November 2021 wurde gemeinsam mit der SP und den Grünen ein Antrag gestellt an den Magistrat, eines der vorgeschlagenen Gebiete für ein Supergrätzel in der Josefstadt - Josefstädter Straße - Alser Straße - Skodagasse - auf Realisierung eines Supergrätzels zu überprüfen.
Haben Sie Feedback? Möchten Sie uns etwas sagen oder uns etwas fragen? Nutzen Sie die Möglichkeit und schreiben Sie uns: josefstadt@neos.eu
Drei mögliche Bereiche für ein Supergrätzel wurden in der Veranstaltung herausgehoben.